Fachwerk im Vogelsberg
Historische Fachwerkgebäude entdecken
Im Vogelsberg finden sich zahlreiche historische Fachwerkhäuser, die einen einzigartigen Einblick in die Baukunst vergangener Jahrhunderte bieten. Dieser Blogbeitrag führt durch die faszinierende Welt des Fachwerks, beginnend mit einer allgemeinen Einführung in diese traditionelle Bauweise und ihren Besonderheiten. Anschließend wird die Deutsche Fachwerkstraße beleuchtet, die einige malerische Städte im Vogelsberg miteinander verbindet und so die Region für Fachwerkliebhaber erschließt.
Ein weiterer spannender Abschnitt widmet sich den Fachwerkkirchen im Vogelsberg, darunter die kleinste Kirche der Region sowie eine, die mit besonders außergewöhnlichen Elementen aufwartet. Zudem erfährt man mehr über Alsfeld, eine europäische Modellstadt für Denkmalschutz, und ihre Bedeutung im Bereich der Fachwerkarchitektur.
In einem weiteren Kapitel handelt es sich um das Vogelsberger Einhaus und den verschiedenen Bauweisen, die im Laufe der Jahre entstanden sind und auch heute noch bei modernen Bauprojekten Verwendung finden. Besonders wird ein Augenmerk auf weitere besondere Fachwerkgebäude wie das Rathaus in Herbstein, die Fachwerkpforte in Lich und das Schloss Romrod gelegt, die allesamt ihre eigene Geschichte erzählen.
Zum Abschluss rundet eine faszinierende Sage die Reise ab: die Geschichte der Teufelsmühle in Ilbeshausen, ein mystisches Relikt aus der Region.
Das Fachwerk
Das Fachwerk im Vogelsberg gibt es schon seit mehreren Jahrhunderten in verschiedenen Bauweisen, die sich über die Jahre hinweg entwickelt haben. Aufgrund des Vulkanismus und des dadurch reichlich vorkommenden Basalt sowie der vielen Wälder war dies der perfekte Baustoff für die Fachwerkhäuser in den Dörfern und mittelalterlichen Stadtzentren der Region. Denn die Fachwerkhäuser sind auf einem Basaltsockel errichtet, welches die Grundlage für den weiteren Aufbau dient.
An den Fachwerkhäusern sind verschiedene Motive im Fachwerk zu sehen, unter anderem auch der „Hessenmann“, der „Wilde Mann“ und verschiedene Motive bzw. Formen einer Schreckenmaske oder Schutzpatronen. So finden sich auch sogenanntes Tauwerk und Bänder mit kunstvoll geschnitzten Füllhölzern. Der sogenannte „Hessenmann“ ist das bekannteste Schmuckelement an Fachwerkbauten. Aber er ist nicht nur ein Schmuckelement, sondern hat auch eine statische Funktion. Er ist eine stilisierte, abstrakte Figur eines Mannes und stellt eine Form des Strebenkreuzes an einem Ständer im Fachwerkbau dar. Er erscheint mit viel Fantasie als Mensch mit ausgestreckten Armen und gespreizten Beinen. In der Abfolge der vier seitlichen Aussteifungsfelder wird die Geschichte des hessischen Fachwerks in vier Figuren dargestellt:
- Vorform in der Spätgotik
- Der „Wilde Mann“
- eine Übergangsformen im 18. Jahrhundert
- Der berühmte „Hessenmann“, der seit über 200 Jahren das Bild der hessischen und Vogelsberger Bauernhäuser prägte
Ab dem 15. Jahrhundert wurden die Häuser zunehmend verschönert, die sichtbaren Holzbalken wurden mit Schnitzereien verziert, Inschriften und Haussegen angebracht, Sonnenuhren oder, um den Teufel abzuschrecken, Fratzen angebracht. Auch die Hausbesitzer verewigten sich selbst in der Holzschnitzerei.

Autor: Ch. Marx, Hungen
© www.Christina-marx.de

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Deutsche Fachwerkstraße
Eine abwechslungsreiche Fachwerkregion inmitten von Deutschland, die seit 1990 auch von dieser Region aus aufgebaut wurde. Die Einflüsse aus Niedersachsen, Hessen, Thüringen, Franken und bis nach Italien finden sich einmalig in den vielfältigen Bauweisen und Fachwerkstilen wieder. Vorbei an romantischen Flusstälern führt die Strecke auch durch sagenumwobene Berge wie den Hohen Meißner, den Knüll und auch dem Vogelsberg.
Alle 18 Mitgliedsstädte stehen exemplarisch für die kulturelle Vielfalt. Beginnend im Norden mit Hann. Münden führt die Strecke bis hin in den Vogelsberg nach Homberg (Ohm), Alsfeld, der Kreisstadt Lauterbach und in die Burgenstadt Schlitz über Grünberg bis die Fachwerkstraße in der Brüder-Grimm-Stadt Steinau a.d. Straße endet.

Historische Fachwerkkirchen
Im Vogelsberg gibt es neben gotischen und barocken Kirchen auch kleine Fachwerkkirchen, die das Gesamtbild der Fachwerkdörfer bereichern. Ein Beispiel ist die besondere Kirche in Sellnrod bei Mücke, die 1697/98 erbaut wurde. Sie ist die einzige Kirche im Vogelsberg mit einem der höchsten und schlanksten Dachreiter. Die 80 Eichen, die für den Bau der Kirche benötigt wurden, wurden von Landgraf Ernst Ludwig von Hessen gespendet. Ihm zu Ehren wurde das Wappen zum Dank am Portal der Kirche angebracht.
Eine weitere besondere Fachwerkkirche ist die Evangelische Kirche in Büßfeld bei Homberg (Ohm). Die im 17. Jahrhundert errichtete Kirche besticht durch die kunstvollen Schnitzereien am Portal. Die ungewöhnliche Gestaltung des verschieferten Obergeschosses und die Uhr mit den beiden Fenstern sowie der mehrstöckige Glockenturm sind eine Seltenheit in der Region.
Eine der kleinsten Fachwerkkirchen der Region ist die evangelische Kirche zu Rudlos. Sie wurde 1691 errichtet und ist aufgrund ihres geschichtlichen und künstlerischen Werts ein Kulturdenkmal. Die Kirche wurde schlicht gebaut, mit typischem Fachwerk. Die zweiflügelige Eingangstür unter dem Vordach zeigt klassizistisches Dekor. Im kleinen sechseckigen Haubendachreiter befindet sich die im 16. Jahrhundert gegossene Glocke der ehemaligen Lauterbacher Wendelskapelle. Nur die Süd- und Westseite zeigen Fachwerk, die anderen beiden Seiten sind verschindelt.

Europäische Modellstadt für Denkmalschutz - Alsfeld
Alsfeld liegt in der Beckenlandschaft der Schwalm zwischen Vogelsberg und Knüll und hat rund 18.000 Einwohner in 16 Stadtteilen. Die Stadt hat sich seit Jahrhunderten als ein bedeutender zentraler Ort in der Region etabliert. Aufgrund ihrer geschichtlichen Entwicklung, der wirtschaftlichen Struktur und der günstigen Verkehrslage ist Alsfeld ein kultureller Mittelpunkt des Vogelsbergkreises. Alsfeld ist nicht nur für seine mittelalterliche Architektur bekannt, sondern auch für seine einzigartige Fachwerkkunst, insbesondere das Fachwerk-Rathaus.
Im Jahr 1959 wurde Alsfeld erstmals in das Förderprogramm für zentrale Orte aufgenommen und erhielt 1963 den Status eines Bundesausbaugebiets. In den folgenden Jahren fanden umfassende Sanierungen in der Altstadt statt. Diese Sanierungen wurden 1971 zum Modellfall für die Sanierung historischer Städte in Hessen und trugen dazu bei, Alsfeld als Vorzeigestadt für den Denkmalschutz in Europa bekannt zu machen. 1973 wurde die Stadt vom Europarat als Beispiel für den Erhalt mittelalterlicher Städte in ein Pilotprogramm aufgenommen, das sich mit der Erhaltung schutzwürdiger Baudenkmäler befasste. 1975 wurde Alsfeld zur Modellstadt für Denkmalschutz ernannt.
Dank dieser Maßnahmen gehört Alsfeld heute zu den 51 Städten und Gemeinden aus 28 europäischen Ländern, die für ihren Denkmalschutz ausgezeichnet wurden.

Autor: Roman Knie
© CC 0 - Roman Knie, Hessen Tourismus

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Das Vogelsberger Einhaus
Das Vogelsberger Einhaus wurde 2022 als „Bauernhaus des Jahres“ ausgezeichnet und hebt sich durch eine einzigartige Architektur hervor. Es vereint Küche, Wohnstube, Scheune und Stall unter einem Dach, wobei die Wärme aus den Ställen auch die Wohnräume beheizte. Ein markantes Merkmal ist der stabile Natursteinsockel, meist aus Sandstein, der sowohl funktional als auch architektonisch prägend ist.
Die Bauweise, die im 18. und 19. Jahrhundert entstand, passte sich den landwirtschaftlichen Bedürfnissen der Region an. Die Einhäuser sind meist so angeordnet, dass Wohnräume und Scheune auf unterschiedlichen Seiten des Gebäudes liegen. Im 19. Jahrhundert setzte sich das „quergeteilte Einhaus“ durch, das in vielen Dörfern und Städten des Vogelsbergs weit verbreitet war.
Es gibt auch Varianten wie das „gestelzte Einhaus“, bei dem die Wirtschafts- und Wohnräume übereinander liegen, was besonders in gebirgigen Regionen praktisch war. Nach 1955 führten Umbauten zu Veränderungen, aber viele Einhäuser sind im Vogelsberg noch erhalten.
Heute ist das ursprüngliche Design aufgrund moderner Anforderungen an Helligkeit und Beheizung nicht mehr ideal. Dennoch könnte das Konzept des Wohnen und Arbeitens unter einem Dach in einer modernen Form, zum Beispiel durch Homeoffice, eine neue Bedeutung erlangen. Das Vogelsberger Einhaus bleibt ein faszinierendes Beispiel traditioneller Architektur, die sich den Bedürfnissen ihrer Zeit anpasste und auch heute noch relevant ist.
Besondere Fachwerkgebäude im Vogelsberg
Nicht nur kleine Bauernhäuser in den Städten schmücken das Gesamtbild, auch Schlösser und weitere Gebäude mit besonderen Schnitzereien und Figuren finden sich an den Gebäuden und sind Sehenswert.

Autor: Regina Sternstein
© CC BY - Regina Sternstein, Vulkanregion Vogelsberg Tourismus GmbH
Sage & Mythe um die Teufelsmühle
Um eines der bekanntesten Fachwerkgebäude im Vogelsberg rankt sich die Sage von der Teufelswette. Laut der Legende baute der Zimmermann Hans Muth 1691 die Teufelsmühle in Grebenhain-Ilbeshausen, nachdem er mit dem Teufel eine Wette abgeschlossen hatte. Die Wette besagte, dass derjenige, der in einer Nacht schneller ein Haus mit Holz aus dem heimischen Wald bauen könnte als der andere, gewinnen würde. Der Teufel baute dabei „kurze Männer“ an der Giebelseite, während der Zimmermann „Mannfiguren“ verwendete, die er jedoch aus Scham hinter Schindeln versteckte.
In der Nacht versuchte der Teufel, sein Werk schneller zu vollenden, aber aufgrund das Hans' Frau mit einer brennenden Kerze etwas früher wie gewohnt in den Stall ging, ging der Hahn zu früh in den Morgen. In diesem Moment verlor der Teufel die Wette, da das letzte Wandgefach nicht vollständig geschlossen war. Das unvollständige Fachwerk ist bis heute noch offen, sodass der Teugfel jederzeit eintreten und entweichen kann.
Veranstaltungen am 25.05.2025: Tag des deutschen Fachwerks

So., 25.05.2025 11:00 Uhr
Alsfeld - Rittergasse 3, 36304 Alsfeld
Zum Tag des deutschen Fachwerks bietet die Stadt Alsfeld zwei Sonderführungen an. Die erste Tour zeigt über 400 Fachwerkhäuser aus 7 Jahrhunderten, diese prägen noch heute das Stadtbild von Alsfeld und zeugen von der Leistungsfähigkeit ihrer Bürger und dem Reichtum vergangener...

So., 25.05.2025 11:00 Uhr
Marktplatz Grünberg - Marktplatz 7, 35305 Grünberg
Geführter Rundgang durch die Grünberger Altstadt am Deutschen Fachwerktag

So., 25.05.2025 14:00 Uhr
Tourist-Infostelle Herbstein - Marktplatz 7, 36358 Herbstein
Deutscher Fachwerktag - Spezial Stadtführung in Herbstein